Halbleiterindustrie

Erfolgreicher Auftakt beim Halbleiter-Branchentreffen

15.10.2024 | Im April wurde bei uns im Bezirk in Dresden der Grundstein für unsere bundesweite Vernetzung der Halbleiterindustrie gelegt. In Frankfurt am Main kam nun das IG Metall-Netzwerk zum ersten Branchentreffen zusammen.

Vertreterinnen und Vertreter aus 13 Betrieben kamen zum Auftakttreffen des Halbleiter-Branchennetzwerks in Frankfurt a. Main. Fotos: IG Metall

Die Halbleiterbranche boomt weiter. Wie kaum eine andere profitiert sie von der zunehmenden allgemeinen Digitalisierung, der Elektrifizierung von Fahrzeugen sowie dem Ausbau drahtloser Kommunikation und dem scheinbar endlos wachsenden Bedarf an Datenverarbeitung. Für all diesen Wandel sind Halbleiter die Grundlage. Damit einher geht viel Arbeit, die wir in Deutschland wie immer mitbestimmt gestalten wollen. Das erste IG Metall-Branchentreffen des neuen Netzwerks Halbleiterindustrie vom 14. bis 15. Oktober 2024 ist daher ein wichtiger Baustein für den Beginn einer koordinierten, themen-, beteiligungs- und betriebsorientierten Branchenbetreuung der IG Metall in diesem zukünftigen industriellen Schlüsselsektor.

Das alles findet in einer Branche statt, die wie kaum eine andere global vernetzt ist. Angesichts der angespannten Wirtschaftslage, schleppender Transformationsfortschritte und politischer Uneinigkeit in Bund und Ländern hat die IG Metall zusammen mit Vorsitzenden der Gesamt- und Konzernbetriebsräte großer Unternehmen ein Programm vorgelegt: 11 Punkte für ein modernes, innovatives und gerechtes Industrieland. Die 26 Kolleginnen und Kollegen aus 13 Betrieben der Halbleiterindustrie fanden sich in diesen Punkten sofort wieder. Sie diskutierten insbesondere über die hohen Energiekosten in Ihrer energieintensiven Branche und wie die Vergabe von öffentlichen Förderungen an Bedingungen für Gute Arbeit geknüpft werden kann. Viele Unternehmen in der Branche profitieren von Fördergeldern. Dementsprechend sollten Steuergelder nur gegen Tarifbindung, Standort- und Beschäftigungssicherung, Weiterbildung und Ausbildungsplätze vergeben werden. Es bestand Einigkeit, dass wir europäische Vorschriften für höhere regionale Wertschöpfungsanteile brauchen.

„Die Teilnehmer der Halbleitertagung diskutieren auf einem sehr hohen Niveau und kritisch die aktuelle Subventionspolitik in der Halbleiterindustrie und haben die langfristige Wirkung für Beschäftigung und Arbeitsplätze bedacht. Wir möchten als Arbeitnehmervertretungen aktiv mitwirken und formulieren den Anspruch, dass die Verwendung öffentlicher Gelder – insbesondere in der Größenordnung wie für Chip-Fabriken – an deutlich schärfere Bedingungen gebunden sein muss: Langfristige Arbeitsplätze, Standortsicherheit, Tarifbindung und Nachhaltigkeit der Produktion,“ fasste Stefan Ehly, Erster Bevollmächtigter IG Metall Dresden und Riesa, zusammen. In Dresden siedelt sich aktuell mit TSMC einer der international wichtigsten Player auf dem Halbleitermarkt mit einer neuen Fabrik an.

Um die Wertschöpfungsketten und ihre Auswirkungen ging es auch im Gespräch mit einer Expertin von „interface“. Dieser Verein hat seit Jahren tiefe Einblicke in die Halbleiterindustrie. Dabei geht es auch um Nachhaltigkeit in der Produktion sowie um Geopolitik und Subventionen, die Auswirkungen auf Arbeitsplätze in den Betrieben haben.

Julia Hess, Senior Policy Researcher Global Chip Dynamics von „interface“, erläuterte: „Transnationale Arbeitsteilung führt zu wechselseitigen Abhängigkeiten. Kein Land kann autonom Halbleiter produzieren.“ Sie bewertete den EU Chips Act als eine Sammlung von (teils guten) Ideen und Initiativen. Aber es fehle eine gesamteuropäische Strategie. Das wurde auch in der Diskussion im Branchen-Netzwerk deutlich: Die Teilnehmenden betonten etwa, dass wir dringend mehr geopolitischem Weitblick in unserer europäischen Positionierung gegenüber China brauchen.

Ein weiteres zentrales Thema der Tagung, war die Arbeitszeit und die Gestaltung dieser. Sie beeinflusst nicht nur die Produktivität, sondern auch die Zufriedenheit und das Wohlbefinden der Beschäftigten. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels wichtige Ziele. Um eine effektive und faire Arbeitszeitregelung zu finden, ist es wichtig, die Bedürfnisse der Beschäftigten zu verstehen.

"Die Branchentagung der Halbleiterindustrie von der IG Metall war für mich wirklich eine äußerst spannende Veranstaltung. Grade der Bericht von Julia Hess von Interface über die geopolitische Situation der Halbleiterindustrie, dem European Chip ACT und dem Verhalten der Bundesregierung hat mir verdeutlicht, wie blauäugig die Politik an unsere hochkomplexe Industrie heran geht. Auch die Diskussion gerade zum Thema Arbeitszeit war für mich, als BR des einzigen Tariflosen Standorts von Infineon in Deutschland, äußerst spannend,“ sagte Maximilian Roy, freigestellter Betriebsrat bei Infineon Dresden. Und weiter: „Der direkte Austausch mit Kolleg:innen aus der Branche ist ungemein wertvoll gewesen. Ich freue mich schon auf die nächste Tagung im kommenden Jahr!"

Von: Moritz Riesinger

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