35-Stundenwoche

Die Angleichung kommt voran

09.10.2024 | In immer mehr tarifgebundenen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie in Ostdeutschland wird die 35-Stundenwoche eingeführt. Die flächendeckende Arbeitszeitangleichung ist noch nicht erreicht. Aktuelle betriebliche Beispiele zeigen jedoch, dass es sich lohnt, dafür zu kämpfen.

Der jüngste Sachstandsbericht der Bundesregierung zur Deutschen Einheit vom Oktober 2024 betont, dass Ost und West mittlerweile viel enger miteinander verwoben sind, als es manchmal scheint. Gleichzeitig legt der Titel direkt den Finger in die Wunde: Ost und West. Frei, vereint und unvollkommen. Die Einführung der 35-Stundenwoche in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie ist ein bedeutender Schritt zur Angleichung der Arbeitsbedingungen in Deutschland. Und damit nötig, um die Einheit endlich vollkommen zu machen. 

Lange schienen die Unterschiede in den Arbeitszeiten zwischen Ost- und Westdeutschland in Stein gemeißelt. Unsere tarifvertragliche Regelung zur betriebsspezifischen Angleichung hat das 2021 geändert. Nach wochenlangen Warnstreiks im IG Metall Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen haben wir Rahmentarifverträge zur Einführung der 35-Stundenwoche in den Betrieben durchgesetzt.  

Karosseriewerke Dresden (KWD) 

Auch bei den Karosseriewerken Dresden (KWD) wurde jüngst ein wichtiger Schritt gemacht. Für rund 530 Beschäftigte wird die Wochenarbeitszeit bis 2029 auf 35 Stunden reduziert. Bereits 2027 wird die Arbeitszeit auf 36,5 Stunden gesenkt. Stefan Ehly, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Dresden und Riesa, erklärt: „35 Jahre nach dem Mauerfall konnten wir in einem weiteren Betrieb in der Region die 35-Stundenwoche erreichen. Die Karosseriewerke Dresden setzen sich mit der 35-Stundenwoche im Raum Radeberg klar von anderen Arbeitgebern ab. KWD macht deutlich, dass der Kampf um Fachkräfte nicht nur mit dem Entgelt, sondern vor allem mit der Arbeitszeit entschieden wird.“ 

Zusätzlich wurden deutliche Entgelterhöhungen vereinbart, insbesondere für die Beschäftigten im Bereich Logistik und Dienstleistungen. Die Entgelte für diesen Bereich werden in zwei Stufen um 19,3 Prozent erhöht. Alle anderen Beschäftigten bei KWD erhalten in zwei Stufen 8,5 Prozent mehr Entgelt. Davon profitieren auch die Auszubildenden im Unternehmen. Die Entgelte und die Ausbildungsvergütungen entsprechen dann der aktuellen Fläche der Metall- und Elektroindustrie Sachsen.

STILL in Leipzig 

„Die Unterschiede bei den Arbeitsbedingungen in Ost und West sind kein Naturgesetz", sagt Steffen Reißig, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Leipzig. Der STILL-Standort in der Geschäftsstelle ist ein aktuelles Beispiel für die Umsetzung der Rahmentarifverträge zur Arbeitszeitangleichung. Die Kolleginnen und Kollegen konnten diesen Sommer in anspruchsvollen Verhandlungen erreichen, dass die Wochenarbeitszeit in drei Schritten bis 2029 auf 35 Stunden reduziert wird. Dies bedeutet, dass die rund 140 Beschäftigten in Leipzig dann die gleichen Arbeitsbedingungen wie im Westen haben werden.  

Die neue Vereinbarung wurde in einer Mitgliederversammlung ohne Gegenstimmen angenommen. „Es war ein langer Weg, aber wir haben es gemeinsam geschafft“, so René Bühring, Betriebsratsvorsitzender bei STILL Hauptniederlassung Berlin/Leipzig. „Endlich können wir die unterschiedlichen Arbeitsbedingungen in unseren Niederlassungen in einem festgelegten Zeitraum vereinheitlichen und die Ost-West-Spaltung in unserem Betrieb beenden.“ 

Bereits 2005 wurde das Arbeitsentgelt bei STILL in den neuen Bundesländern an die Tariftabelle für das Tarifgebiet Hamburg angeglichen. Vor rund 20 Jahren wurde die Arbeitszeit auf 38 Stunden pro Woche festgelegt. Nun wurde die Absenkung der Wochenarbeitszeit tarifvertraglich geregelt.  

Einsatz geht weiter

Diese aktuellen Beispiele aus Sachsen zeigen, dass wir gemeinsam mit gut organisierten Belegschaften und starken Betriebsräten bedeutende Fortschritte erzielen. Dies ist ein ermutigendes Zeichen dafür, dass die jahrzehntelange Ungerechtigkeit zwischen Ost und West überwunden werden kann. Auch in anderen Industriezweigen als der Metall- und Elektroindustrie gibt es nun immer deutlichere Bestrebungen zur Angleichung der Arbeitszeit. 

Von: rh

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